Restaurierung des Nikolaus-Gaetke-Gestühls in der St. Elisabethkirche in Breslau

Deutsch-polnische Zusammenarbeit in Breslau rettet bedeutendes Kapellengestühl aus der Spätrenaissance

Im „deutsch-polnischen Jahr“ 2005 wurde zur Erhaltung des europäischen Kulturerbes ein Projekt deutsch-polnischer Zusammenarbeit begonnen, das im Oktober 2009 zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden konnte: Die Rekonstruktions- und Ergänzungsmaßnahmen und der Wiedereinbau des Familiengestühls sowie Restaurierung des Bodens, der Wände und der Epitaphien der Nicolaus-Gaetke-Kapelle in der St. Elisabethkirche in Breslau.

Anfang Juli 2005 wurde das arg ramponierte Gestühl der Nikolaus-Gaetke-Kapelle in der St. Elisabeth Kirche in Breslau von Mitarbeiter*innen und Student*innen der Universität Thorn in Kooperation mit Studierenden und Dozenten der Fachakademie für Restauratorenausbildung des Goering Instituts e.V. aus München in einem gemeinsamen Projekt erstmals untersucht.

Für die Rettung des einmaligen kunsthandwerklichen Zeugnisses von 1590 aus vergangener wirtschaftlicher Blüte der Stadt war es höchste Zeit:

Durch feuchte Stellen an den Außenmauern entstanden auch Schäden an den hölzernen Bauteilen. Die Vertäfelungen der Rückwände waren großteils locker und die manieristische Marketerie war in weiten Bereichen abgelöst und zum Teil schon verloren. Zudem war die vorgefundene Aufstellung nicht die ursprüngliche, es gab mindestens drei Umbauten. Teile der originalen Anordnung lagen in einem Depot.

Die Kapelle und ihre Ausstattung wurde zunächst erforscht und dokumentiert. Die umfangreiche Dokumentation des Befundes bildete die Grundlage für die fachliche Diskussion, die Erstellung eines Konzeptes und schließlich für die Restaurierung bzw. Konservierung des Gestühls und des gesamten Raumes.

Um die anstehenden Restaurierungen vorzubereiten, fanden sich im November 2006 wieder die deutschen und polnischen Dozent*innen, Restaurator*innen sowie Student*innen in Breslau zu einem zweiten Arbeitsabschnitt zusammen.

Feuchtigkeitsschäden am Mauerwerk, Übermalungen der originalen Anstriche, Überfassungen der farbigen Epitaphien, Estrich auf den ursprünglichen Bodenfliesen und das vom Verfall bedrohte Gestühl erforderten jetzt dringend Maßnahmen. So wurden die notwendigen Klimamessungen und Befunduntersuchungen an der Bausubstanz (Wand, Boden) durchgeführt. Die Epitaphien wurden auf ihre ursprüngliche Farbigkeit und ihren Erhaltungszustand hin untersucht.

Die Restaurierung des Nikolaus-Gaetke-Gestühls in Breslau

Das Gestühl wurde demontiert und im Seitenschiff der Kirche aufgestellt, um es bis zur Beseitigung der Feuchtigkeitsquellen im Wandbereich vor weiterer Zerstörung durch Mauerfeuchte zu schützen.

Ein überraschender Fund kam bei den Arbeiten zutage: Eine fehlende hölzerne Rosette, die ursprünglich als Schlussstein des Gewölbes diente, wurde an einem bisher unzugänglichen Ort in der Krypta gefunden, wo sie wahrscheinlich schon sehr lange eingelagert und in Vergessenheit geraten war.

2008 ging das Projekt in seine dritte Phase. Auf Basis der Vorarbeiten und ausgewerteten Untersuchungsergebnisse – die Unterlagen wurden in der jeweiligen Landessprache erstellt, Zusammenfassungen wurden in die jeweils andere Sprache übersetzt – waren die anstehenden Arbeiten gut vorbereitet.

Im Goering Institut vorbereitete Elemente zur Rekonstruktion des Baldachins wurden an das Gestühl angepasst und zur Probe montiert. Die Restaurierungen der Rosetten und der Außentür wurden abgeschlossen. Nach zurückhaltender Farbretusche wurden beide Rosetten wieder im Gewölbe montiert. Im Bereich der Wand, des Fußbodens und der Epitaphien wurde mit der Freilegung begonnen. Der den originalen Fußboden überdeckende Estrich musste in Teilbereichen entfernt werden. An den Epitaphien wurde mit der Freilegung der originalen Fassung begonnen.

Im Herbst 2009 konnten die Arbeiten abgeschlossen werden, so dass das Gestühl mit rekonstruiertem Baldachin und Buchablage in der Gaetke – Kapelle zusammen mit Epitaphien und Boden jetzt wieder ein historisch und ästhetisch schlüssiges Bild ergibt.

Für die zahlreichen Besucher*innen der Kirche aus dem In- und Ausland sind zweisprachige Informationstafeln aufgestellt, auf denen Zweck und Fortgang der Restaurierung vorgestellt werden.

Ermöglicht wurde das Projekt mit der Förderung des Kulturreferenten der Stiftung Schlesisches Museum Görlitz durch eine Bundeszuwendung und die Bewilligung von Mitteln der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit. Ebenso beteiligt ist die Kirchengemeinde der Elisabethkirche Breslau. Aber nur mit der Förderung durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Referat K 45 „Förderung deutscher Kultur und Geschichte im östlichen Europa“ ist die Realisation letztlich ermöglicht worden.

Alle Maßnahmen wurden in enger Kooperation mit der Stadt- und Landesdenkmalpflege durchgeführt.

Aber nicht nur deutsch-polnisches Erbe zu bewahren, sondern es auch zu erneuern und mit Leben zu erfüllen war die Aufgabe, die sich die Menschen gesetzt hatten:

In allen Projektwochen erfolgte über die Jahre hinweg durch die enge Zusammenarbeit und den regelmäßigen, täglichen Austausch der Gruppen untereinander sowie durch gemeinsame Exkursionen und Abende ein intensiver Kontakt zwischen deutschen und polnischen Teilnehmern. So diente der Einsatz mit Studenten aus Thorn und München ganz pragmatisch der Völker verbindenden Verständigung.